Caroline Lodemann im Interview
Wir haben mit Dr. Caroline Lodemann gesprochen. Seit Mitte Februar 2024 ist sie die neue politische Bundesgeschäftsführerin des ADFC. Damit ist die Führung des weltweit größten Interessenverbands für Radfahrende wieder komplett.
Zum Einstieg eine persönliche Frage. Wie sieht die Radfahrerin Caroline Lodemann aus?
Caroline Lodemann: Das ist ganz unterschiedlich. Es gibt die Radfahrerin Caroline in Alltagskleidung, auch mal mit hohen Schuhen und gerne auch sportlich. Aber ganz oft radle ich nicht allein, sondern mit den Kindern. Wenn ich mit ihnen unterwegs bin, nehme ich gerne das etwas gemütliche Kinderfahrrad – mit dem Sitz hinten. Ansonsten haben wir noch ein paar schnellere Räder im Haushalt. Das Rennrad gehört definitiv zu meinen Lieblingsrädern.
Kommen wir zum ADFC. Was hat dich an der Stelle der politischen Geschäftsführerin gereizt?
Drei Punkte haben mich ganz besonders angesprochen: Erstens das Thema Verkehr insgesamt. In Bewegung zu sein, ist für den Menschen etwas Grundlegendes. Das betrifft alle. Zweitens hat mich gereizt, dass ich hier gestalten, Menschen zusammenbringen und unterschiedliche Interessen moderieren kann. Das dritte Argument ist der ADFC selbst. Es hat mich in besonderem Maße interessiert, dass hier sehr viele Menschen aktiv sind und an einem Strang ziehen.
Wie hast du den ADFC in deiner ersten Zeit wahrgenommen?
Das kann ich ganz einfach beantworten. Es hat mich vom ersten Moment an zutiefst beeindruckt, wie viel Lebenszeit Menschen für ihren Verband aufbringen. Die Aktiven machen den ADFC aus. Ich sehe so viel Engagement, Herzblut, Ideen und auch die Bereitschaft, in Diskussionen zu gehen. Das ist außergewöhnlich.
Was sollten wir als ADFC in jedem Fall fortsetzen oder ausbauen?
Mein Eindruck ist, dass der ADFC in den vergangenen Jahren sehr vieles richtig gemacht hat. Als Beispiel fällt mir der Verbandsentwicklungsprozess ein. So etwas muss man sich auch zutrauen. Der ADFC ist das mutig angegangen und hat sich dadurch erheblich professionalisiert. Das, was wir hier erreicht haben, das gilt es jetzt am Leben zu halten.
Darüber hinaus sehe ich den ADFC als gesellschaftlichen Akteur. Deshalb ist es für mich ein Muss, dass unsere Türen offenbleiben, dass wir inklusiv auftreten und nicht ausschließend agieren. Wir haben mit dem Fahrrad ein so schönes Thema. Es hat das Potenzial, dass es viele Menschen – und auch ganz verschiedene – verbindet. Diesen Ansatz müssen wir pflegen und verteidigen. Bei vielem, was ich im ADFC sehe, bin ich froh, dass es das schon gibt. Ganz besonders trifft dies auf die Gleichstellung der Geschlechter zu. Das sollte auf jeden Fall positiv weiterverfolgt werden.
Dein Aufgabengebiet ist primär die Verkehrspolitik. Welches ist hier der größte Erfolg der letzten Zeit?
Das sind ganz klar das neue Straßenverkehrsgesetz und die Straßenverkehrsordnung. Nachdem die Reform beim ersten Anlauf im Bundesrat gescheitert war, waren alle zunächst wie erstarrt, haben aber nicht aufgegeben. Hinter den Kulissen ist sehr viel geschehen, um den Prozess wieder in Gang zu bringen. Der ADFC hat ja seit Jahren unermüdlich für ein modernes Straßenverkehrsrecht gekämpft. Dass die Reform im zweiten Anlauf kurz vor der Sommerpause beschlossen wurde, ist ein Riesenerfolg. Daraus leitet sich für uns nun eine hohe Verantwortung ab. Denn ab jetzt gehen wir in die Umsetzung. Wir müssen auf der Landesebene und in den Kommunen daran mitwirken, dass Politik und Verwaltung ihre neuen Gestaltungsspielräume nutzen.
Wie sah dein erstes halbes Jahr aus?
Ich habe eine große und schöne Aufgabe übernommen. Zunächst – das ist typisch für mich – möchte ich Beobachterin sein, mir den Verband gut ansehen und vor allen Dingen mit vielen Menschen sprechen. In der Bundesgeschäftsstelle habe ich ein tolles Team vorgefunden. Dort sind Menschen, die Veränderungen nicht scheuen, sondern die Ideen haben und sich dafür einsetzen. Hier gute Arbeitsbeziehungen aufzubauen, war ein Fokus des ersten halben Jahres.
Wo möchtest du zukünftig Akzente setzen?
Wir sind der weltweit größte Radfahrverband und damit befinden wir uns in einer guten Position, aber wir werden unsere Ziele nicht allein erreichen. Ich sehe den ADFC nicht zuletzt als Akteur in einem Netzwerk von Organisationen mit ähnlichen Zielen und möchte gerne verstärkt Allianzen schmieden, durchaus auch ungewöhnliche. Mal sehen, was sich hier bewegen lässt.
Caroline, wir danken dir für das Gespräch.
Die Fragen stellte Helga Hofmann für den ADFC Darmstadt-Dieburg und den ADFC Hessen.